Rudolfine Rossmann forciert eine abstrakte Malerei, die von Subtilität, Geist und Tiefe getränkt ist. Flüssige Eitempera ist ihr Substrat, das sie meist aus Bechern auf die horizontal positionierte Leinwand schüttet. Diese Schüttungen fallen keineswegs expressiv und körperbetont aus, sind also keine exaltierten Markierungen des malerischen Akts, sondern fein gesteuerte Rinnsale, die sich zu einem Netz aus Adern auf der Bildfläche ergießen. In den jüngsten Werken zeichnet sich diese Struktur als komplexes räumliches Geflecht aus, in das wir optisch eingewoben werden. Das Bild wird zum Dickicht, zu einer abstrakten Matrix.
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Die Bilder von Rudolfine P. Rossmann spielen mit unserer zutiefst menschlichen Begeisterungsfähigkeit für Ordnung. Sie locken uns mit der Repräsentation von Struktur und in sich klar motivierter Dynamik, und gleichzeitig führen sie uns vor Augen, dass unser Verstand bei Weitem nie ausreichen wird, die Gesetze dieser Strukturen und Dynamiken zu verstehen. Dieser unauflösliche Dualismus in den Werken von Rossmann wirkt auf den Betrachter hypnotisch – und sinnlich, einfach weil nichts da ist außer den Sinnen, mit denen man sich dieser Anziehung ausliefern kann.
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Ein feiner Punkteregen, unter eine Schneeschicht zuwachsende Riesenfenster, zu Pinselansätzen ausgebleichte Landschaftsmalereirelikte, von fernöstlicher Meditation getragenes Actionpainting, Neopointillismus unter den Vorzeichen der digitalen Revolution – an schnellen Assoziationen beim Betreten eines mit den Arbeiten von Rudolfine Rossmann ausgezeichneten Raumes mangelt es nicht. Mit größtem Genuss möchte man sich ihnen hingeben, den Assoziationen. Natürlich auch den Bildern, würden die Assoziationen diesen nicht unausweichlich Unrecht tun: Die Bilder leiten mich als Betrachter zwar, doch wohin ich ihnen folgen möchte und wohin nicht, das entscheide ich, wobei nicht auszuschließen ist, dass ich sie nicht dann und wann einfach unter den Arm klemme und mit ihnen in eine Richtung spaziere, welche die Bilder gar nicht intendieren.
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Vor der Eroberung der Wirklichkeit durch die italienische Renaissance existierte einige Jahrhunderte lang – etwa zur Zeit der großen Song-Dynastie – in China eine Malerei, die sich gänzlich der Meditation hingab. Das Sichversenken in das Gesehene – die Landschaft, das Wasser, die Berge – hatte für das Bildermalen die höchste Bedeutung. In den Tuschmalereien mit landschaftlichen Darstellungen wurden mehr die Seele der Natur und der ihr innewohnende Geist ausgedrückt als ein bloßes Abbild der Natur geschaffen. Nach Fertigstellung kamen die auf Seidenrollen gemalten Werke in kostbare Behälter, um sie irgendwann in einem besinnlichen Augenblick zu genießen. Die meditative Betrachtung dieser Bilder des 12. und 13. Jahrhunderts war der eigentliche Zweck ihrer Herstellung. Sie wurden in ihrer Bedeutung den Werken der Dichter gleichgesetzt.
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Es besteht kein Zweifel, dass die Entwicklung der abstrakten Malerei während des letzten Jahrhunderts jenen Grenzbereich erreicht hat, in dem sich das Entdecken neuer formaler Möglichkeiten weitgehend erschöpft. Doch wie so oft in der Kunstgeschichte ergeben sich in Spätzeiten gerade aus dem Wechselspiel bekannter, häufig sogar konträrer Standpunkte und Konzepte reizvolle Konstellationen, wie sie eben aus einer gewollten Konfrontation resultieren. So findet sich in den letzten Jahrzehnten immer wieder die Tendenz, kühle Rationalität mit Emotionalität und Ästhetik zu verschmelzen. Dass sich aus den Positionen von Konstruktivisten, Vertretern des Informel und sensibel-esoterischen Ästheten oder Koloristen gültige Konjunktionen entwickeln können, haben etwa Gerhard Richter oder Sean Scully überzeugend bewiesen.
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„Ein Gegenstand sollte nach Auffassung des Buddhismus Bewegung in der Ruhe und Ruhe in der Bewegung zeigen“. (Soetsu Yanagi)
Als ich das erste Mal diesen Gedanken des japanischen Philosophen Soetsu Yanagi las, musste ich sofort an die Bilder von Rudolfine Rossmann denken. Mit diesem Zitat ist auch schon der Hinweis auf Ostasien gegeben, einen Raum, der sich wie ein roter Faden durch ihr Werk zieht. Im April 2001 stellte sie im Wittgensteinhaus in Wien großformatige Bildzyklen aus, deren Ursprung in Indonesien liegen.
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